Streamdiver

Browser Wars: Der lange Weg zu browserbasierter Software

Browser Wars
Eine Ära geht zu Ende: Mit der Ankündigung vom 15. Juni legte Microsoft sein langjähriges Web-Flagschiff den Internet Explorer effektiv still. Wir nutzen den Anlass, um nochmal einen Blick auf die Geschichte des Browsers zu werfen und dabei zu klären, was sich seither für Nutzer verändert hat und welche Möglichkeiten neue browserbasierte Technologien bieten.

Eine Ära geht zu Ende: Mit der Ankündigung vom 15. Juni legte Microsoft sein langjähriges Web-Flagschiff den Internet Explorer effektiv still. Wir nutzen den Anlass, um nochmal einen Blick auf die Geschichte des Browsers zu werfen und dabei zu klären, was sich seither für Nutzer verändert hat und welche Möglichkeiten neue browserbasierte Technologien bieten.

Die ersten Wellenreiter

Wir drehen die Uhren weit zurück: In den frühen 90er-Jahren glich die Browserlandschaft einem kargen, menschenleeren Ödland. Während einige Lösungen das Potenzial des World Wide Web andeuteten, blieb der Markt weitestgehend überschaubar. Ein Umstand, der sich jedoch bald ändern sollte: Mit der Veröffentlichung des „Netscape Navigator“ im Jahr 1994 schaffte es das Unternehmen Netscape Communications die Massen zu begeistern und ihnen das Neuland Internet näherzubringen. Schon bald erkundeten begeisterte Nutzer aller Altersgruppen die Möglichkeiten und Wunder einer unvergleichlichen, noch nie dagewesenen Informationstechnologie.

Diese Dominanz sollte jedoch nicht lange andauern. Nur ein Jahr später läutete Microsoft mit der Veröffentlichung des „Internet Explorer“ eine neue Ära der Internetnutzung ein. Gleichzeitig markierte es auch den Beginn der „Browser Wars“, einem erbitterten Kampf um Marktanteile, der bis heute währt, wenngleich mit anderen Protagonisten. Obwohl sich der Netscape Navigator wacker gegen den wachsenden Erfolg seines Konkurrenten erwehrte, wurde er schließlich mit der Veröffentlichung des „Internet Explorer 3“ vom Thron gestoßen. Als ausschlaggebenden Grund für den beispiellosen, kometenhaften Aufstieg der Software gilt die Tatsache, dass sie automatisch im Windows-Betriebssystem enthalten war, wodurch sie sich rasch für viele Nutzer als Standard etablierte.

Den Höhepunkt der Dominanz erreichte der Internet Explorer um die Jahrtausendwende. Im Jahr 1999 hielt Microsoft einen Marktanteil von 99%, wodurch sich das mittlerweile als Tech-Gigant etablierte Unternehmen mit Kartellverfahren konfrontiert sah. Doch während diese Geschichte an dem Punkt hätte enden können, war es letztlich der langjährige Konkurrent Netscape, der eine Trendwende einleitete. Durch die Öffnung der Codebasis und die Gründung der gemeinnützigen Organisation Mozilla wurden die Grundsteine für die Entwicklung des 2002 veröffentlichten Browsers Firefox gelegt. Mitgründer und Schlüsselfigur für das neue Projekt war Brendan Eich, der sich zuvor durch seine Arbeit für Netscape und die Entwicklung von LiveScript, dem Vorläufer von JavaScript, auszeichnete. Der Erfolg von modernen Lösungen wie Firefox und Safari brach letztlich die erdrückende Dominanz des Internet Explorers und läutete ein neues Zeitalter in der Browsernutzung ein.

Das Internet in neuem Chrome-Glanz

Der aktuelle Marktführer sollte wenige Jahre später, im Jahr 2008, die Bühne betreten. Mit der Veröffentlichung von Chrome nahm der US-Konzern Google in Windeseile eine bestimmende Rolle in den Browser Wars ein. Den Daten von Statista zufolge nutzen im Jahr 2022 etwa zwei Drittel aller Internetnutzer Chrome als Standardbrowser. Doch der Einfluss der von Google entwickelten Infrastruktur geht über ihr eigenes Endkundenprodukt hinaus. Mit der Chromium-Codebasis entwickelte das Unternehmen ein freies und quelloffenes Webbrowser-Projekt, das mittlerweile weit verbreitet ist. Andere populäre Browser wie beispielsweise Microsoft Edge, Opera und Samsung Internet basieren auf dem Chromium-Code. Zudem wird dieser teilweise von mehreren App-Frameworks verwendet.

Zu dem Zeitpunkt blieb der Internet Explorer schon lange auf der Strecke. Microsoft selbst veröffentlichte mit Edge 2015 einen Nachfolger, der den Internet Explorer am Markt im Jahr 2019 überholte. Mit dem Unterbau von Chromium zog Microsoft Edge inzwischen auch an Safari und Firefox vorbei und wurde der zweitpopulärste Desktop-Browser der Welt. Der sang- und klanglose Abschied vom Internet Explorer war daraus die logische Konsequenz.

Der Sprung zu einem neuen Standard

Während viele Browser es schafften, sich an neue Gegebenheiten anzupassen, gingen andere daran zugrunde. Speziell kurz nach der Jahrtausendwende wurde das Internet mehr und mehr zu einem Ort der multimedialen Kollaboration und Interaktion. Damit einhergehend konnten neue Standards etabliert werden, die diese Entwicklung förderten. Da allerdings der Umstieg vieler Nutzer träge verlief, gründete Webstandards.org die sogenannte „Browser Upgrade Campaign“. Damit sollten Website-Betreibern Werkzeuge an die Hand gegeben werden, um ihre Besucher über die Existenz von Webstandards aufzuklären und sie zu ermutigen, auf Browser zu wechseln, die HTML, CSS und ein Standard-DOM unterstützen.

Diese Entwicklung ging natürlich auch nicht an Microsoft vorbei. In einem Blog-Artikel definierte das US-Unternehmen vier Merkmale eines modernen Browsers:

  • Geschwindigkeit: Browserbasierte Software läuft durch die zugrunde liegende Plattform so schnell wie native Anwendungen.
  • Immersion: Die nahtlose Einbindung von Video, Grafiken, Audio und Text ermöglicht reichhaltige Erlebnisse ohne Leistungseinbruch.
  • Zuverlässigkeit: Funktionen werden erst nach ausführlicher Testung implementiert und Spezifikationen nicht unvorhersehbar geändert oder entfernt.
  • Technologie: Moderne Standards werden früh übernommen, damit diese von Entwicklern genutzt werden können.

Kurz zusammengefasst zeichnet sich ein moderner Browser dadurch aus, dass er eine Website erfolgreich und in bester Leistung wiedergibt, ohne der Notwendigkeit von spezifischen Workarounds.

Die Zukunft der Software-Nutzung

In einem Browser steckt also heutzutage richtig, richtig viel. Die Weiterentwicklung der Technologien und Standards hat allerdings weitreichendere Auswirkungen – beispielsweise auf die Potenziale und Entwicklungsprozesse moderner Software. Während Programme einst physisch erworben und lokal auf Geräten installiert werden mussten, geht der Trend nun in eine vollkommen andere Richtung. Webbasierte Software kann direkt und unkompliziert im Browser aufgerufen werden. Statt lokale Hardware zu belasten, läuft sie über einen externen Server. Nutzer benötigen statt eines modernen Geräts nur noch eine stabile Internetverbindung. Damit wird auch das lästige, zeitraubende Einspielen von Updates endgültig zum Relikt der Vergangenheit. Nutzer können jederzeit und überall auf ihre Software zugreifen – völlig frei von Hardware-Einschränkungen.

Der Unterschied zwischen einer einfachen Website und browserbasierter Software besteht darin, dass diese Backend-Funktionen im Desktop-Stil über das Frontend Ihres Webbrowsers bereitstellt. Dadurch ergeben sich neue Möglichkeiten in der Darstellung und Bedienung, was zu einem einfachen und intuitiven Nutzererlebnis führt. Darüber hinaus ist die Software unabhängig vom Betriebssystem des Nutzers, da moderne Browser immer auf die gleiche Weise HTML darstellen und JavaScript ausführen. Dementsprechend könnte ein Smartphone von Samsung die gleichen Funktionen einer Plattform nutzen wie ein Apple-Computer.

Für Nutzer hat die Evolution in der Browsertechnologie zu einer Revolution des Lebensalltags geführt. Sie stehen nun vor einem Ozean der Möglichkeiten, und das unabhängig von Standort und Ausstattung. Vorbei sind die Zeiten, in denen die Nutzung von Software zahlreiche Hürden und Bedingungen implizierte. Alles läuft nun über einen Browser, einfach und unkompliziert.

Diese Entwicklung hätte nicht zu einem günstigeren Zeitpunkt kommen können: Speziell die globale Pandemie und der damit verbundene Wechsel auf Home Office haben gezeigt, wie wichtig der unabhängige, rechtskonforme und sichere Zugriff auf krisensichere browserbasierte Software sein kann. Sowohl zur Erhaltung des Systems und der Sicherung von Arbeitsplätzen als auch zur zwischenmenschlichen Kommunikation zeigt sich die Relevanz moderner Browsertechnologie. Der Weg dafür wurde bereits in den 90ern geebnet – von kleinen, unscheinbaren Programmen wie dem Netscape Navigator und dem Internet Explorer.

Quellen und weiterführende Informationen:

Geschichte der Browser von Smartbear
Wikipedia-Eintrag zu Browser Wars
Artikel von t3n zum Ende von IE
Umfrageergebnisse von Statista
Browser Upgrade Campaign von The Web Standards Project
Leitfaden zu modernen Browsern von Microsoft

Diesen Beitrag teilen:

Verwandte Beiträge

Abonniere unseren Newsletter